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Gesetzesdekret vom 28.03.2025 zur Änderung des italienischen Staatsangehörigkeitsgesetzes

Das Ministerkabinett Italien hat auf Vorschlag von Ministerpräsidentin Giorgia Meloni, Außenminister Antonio Tajani und Innenminister Matteo Piantedosi überraschend ein Gesetzesdekret mit dringenden Bestimmungen zur Staatsbürgerschaft verabschiedet. 

I. Gesetzesdekret vom 28.03.2025, bereits in Kraft getreten

Hier sind die wichtigsten Punkte des Dekrets vom 28. März 2025 über dringende Bestimmungen zur Staatsbürgerschaft:

Einschränkung der automatischen Übertragung der italienischen Staatsbürgerschaft: Personen, die im Ausland geboren sind und eine andere Staatsbürgerschaft besitzen, gelten nicht als italienische Staatsbürger, es sei denn, folgende Bedingungen sind erfüllt

a.) ein Antrag vor dem 27. März 2025 gestellt wurde,

b.) ein Elternteil oder Adoptivvater in Italien geboren ist oder mindestens zwei Jahre vor der Geburt oder Adoption des Kindes in Italien gelebt hat,

c.) ein Großelternteil ersten Grades in Italien geboren ist,

Verfahren zur Anerkennung der Staatsbürgerschaft: Neue Bestimmungen für gerichtliche und administrative Verfahren zur Anerkennung der Staatsbürgerschaft.

Begründung zur Dringlichkeit und Notwendigkeit: Maßnahmen zur Vermeidung eines unkontrollierten Zustroms von Anträgen auf Anerkennung der Staatsbürgerschaft, um die ordnungsgemäße Funktion der Konsulate, Gemeinden und Gerichte zu gewährleisten.

Das Dekret ist am 29.03.2025 in Kraft getreten und hat Gesetzteskraft.

Hier geht es zum DECRETO-LEGGE 28 marzo 2025, n. 36deutsche Version: GESETZESDEKRET Nr. 36 vom 28. März 2025, Gesetzesdekret zur Änderung Erwerb Staatsangehörigkeit Italien

In Folge dieses Gesetzesdekrets, haben die Generalkonsulate die Bearbeitungen und Terminvergabe für den Erwerb von Staatsangehörigkeiten bis auf Weiteres ausgesetzt.

 

II. Ausblick: Die geplante Gesetzesänderung zum Verlust der Staatsangehörigkeit

Neben der dringlichen Maßnahme ist auch eine Reform des Staatsangehörigkeitsgesetzes geplant, im Wesentlichen ist ein Verlust der italienischen Staatsangehörigkeit für Abkömmlinge der dritten Generation geplant. In der Pressemitteilung des Ministerrates vom 28.03.2025 heißt es hierzu: 

Der Gesetzentwurf systematisiert auch die Interventionen von größere Dringlichkeit, die bereits in dem gleichzeitig vom Ministerrat verabschiedeten Gesetzesdekret enthalten ist, das die Regeln für die Übertragung der Staatsbürgerschaft grundlegend ändert, indem es ein zweifaches Erfordernis miteinander in Einklang bringt, das Ausdruck verschiedener verfassungsrechtlicher Werte ist, deren Abwägung notwendig erscheint: die Aufrechterhaltung der Bindungen an Italien und die Förderung der Rückwanderung durch die Nachkommen italienischer Auswanderer sowie die Bekräftigung der Notwendigkeit, dass der Erwerb und die Beibehaltung der italienischen Staatsbürgerschaft an tatsächliche Bindungen an die Republik und ihr Hoheitsgebiet geknüpft sein müssen.
Erstens muss die Geburtsurkunde von im Ausland geborenen Nachkommen italienischer Staatsbürger vor Vollendung des 25. Lebensjahres registriert werden, andernfalls ist es nicht mehr möglich, die Staatsbürgerschaft zu beantragen, da die Vermutung besteht, dass aufgrund der Nichtausübung von Rechten und der Nichterfüllung von Pflichten keine tatsächliche Bindung an Italien besteht. .  . . 
Für italienische Staatsbürger, die im Ausland geboren wurden, keinen Wohnsitz in Italien haben und eine andere Staatsbürgerschaft besitzen, die nach dem Inkrafttreten der neuen Regelung mindestens 25 Jahre lang keine tatsächlichen Bindungen zur Italienischen Republik aufrechterhalten haben, weil sie die Rechte und Pflichten, die sich aus ihrem Status als italienischer Staatsbürger ergeben, nicht wahrgenommen haben, wird die Hypothese des Verlusts der Staatsbürgerschaft durch "Desuetude" eingeführt.
. . .
Das minderjährige Kind von Eltern, die Staatsbürger sind (sofern es nicht bereits als Staatsbürger geboren wurde), erwirbt die Staatsbürgerschaft, wenn es in Italien geboren wird oder zwei Jahre lang dort lebt, mit einer einfachen Willenserklärung der Eltern;
es wird bestätigt, dass Personen, die ihre Staatsbürgerschaft verloren haben, diese wiedererlangen können, allerdings nur, wenn sie sich zwei Jahre lang in Italien aufhalten;
Es wird auch bestätigt, dass diejenigen, die auch nur einen italienischen Großvater haben (oder italienische Staatsbürger waren), die Möglichkeit haben, nach drei Jahren Aufenthalt in Italien (anstelle der fünf bzw. zehn Jahre, die von europäischen Bürgern und anderen nichteuropäischen Ausländern verlangt werden) Staatsbürger zu werden;

Ehegatten italienischer Staatsbürger können weiterhin eingebürgert werden, allerdings nur, wenn sie in Italien wohnen.

In jedem Fall kann die volljährige Person auf die Staatsangehörigkeit verzichten, wenn sie eine andere Staatsangehörigkeit besitzt (Vermeidung von Staatenlosigkeit).

Die Übertragung der Staatsbürgerschaft auf dem mütterlichen Weg wird für diejenigen anerkannt, die nach dem 1. Januar 1927, d. h. für diejenigen, die am 1. Januar 1948, dem Datum des Inkrafttretens der republikanischen Verfassung, noch nicht 21 Jahre alt waren, wodurch eine Frage geklärt wurde, die Gegenstand widersprüchlicher Auslegungen war.

Die Verfahrensfristen für die Anerkennung der Staatsangehörigkeit sind auf 48 Monate festgelegt.

III. Änderungen im Verwaltungsverfahren

Auf die Aussetzung der Bearbeitungen und Terminvergaben bei den Generalkonsulaten wurde bereits hingewiesen. Geplant ist, die Zuständigkeiten für die Bearbeitungen der Anträge auf Staatsbürgerschaften von den Konsulaten auf eine zu gründende Behörde in Rom, die dem Außenministerium angegliedert sein wird, zu konzentrieren. Die Generalkonsulate wurden angewiesen, in der einjährigen Übergangszeit die Bearbeitungen der Anträge auf ein Mindestmaß zu begrenzen.   

IV. Stellungnahme: 

Die Ad hoc Vorgehensweise in I. als auch die geplante Gesetzesreform zu II. sind verfassungsrechtlich (Art. 22 Costituzione, Verbot der Aberkennung der italienischen Staatsangehörigkeit) und europarechtlich ( Art. 19 AEUV) nicht unproblematisch. Unklar ist beispielsweise, wie mit in Deutschland geborenen Kindern von Italienern der zweiten Generation, also Enkel von italienischen Einwanderern, umzugehen ist, zumal viele von Ihnen niemals in Italien gelebt haben. Soweit diese vormals Wahlbenachrichtigungen erhalten haben, ist eine effektive Staatsangehörigkeit belegt. Ob hiernach noch ein Verlust der Staatsangehörigkeit konstruiert werden kann, weil sie ihre Geburtsurkunde nicht bis zum 25 Lebensjahr haben eintragen lassen, wird die Rechtsprechung klären. Anzurufen sind dabei nicht nur die italienischen Gerichte / Verfassungsgerichtshof, sondern auch der EuGH in Anlehnung an die Grundsätze des Europäischen Übereinkommens über die Staatsangehörigkeit von 1997 im Zusammenhang mit den von der Staatsangehörigkeit abgeleiteten Rechte auf europäischer Ebene, Stichwort Unionsbürger.

Unklar ist auch, ob der Verlust durch Bescheid (mit Rechtsbehelfsbelehrung) kund gegeben werden wird oder, wie auch in der Vergangenheit, gänzlich passiv umgesetzt werden wird.  

Hinzuweisen ist, dass die geplante Gesetzesreform - nicht die einstweilige Maßnahme, die ja bereits in Kraft ist - parlamentarisch mehrheitsfähig sein muss. 

 

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